Samstag, 13. November 2010

BERLIN, eine Reise in die Zeit.

Littenstrasse 2, Berlin-Mitte. In diesem Haus, heute Schickler Haus, hat mein Vater Dr. Benno Band zwischen 1927 und 1935 gewohnt. Das Haus hatte den Eingang   in der Littenstrasse, heute ist dort der Parkplatz des grossen Bürohaus. Zufällig traute ich mir in das Haus einzutreten. Eine nette Empfangsdame, Susanne Müller,  fragte mich, wie sie mir helfen könnte. Ich erwiderte  ein bisschen aufgeregt und nervos: "Mein Vater hat hier  früher, sehr früher gewohnt, im zweiten Stock, wenn ich mich noch  an Vaters Erlaüterungen  erinnere". Frau Müller sagte zu mir, das Haus wird am 3.Dezember des Jahres 100 Jahre alt sein und die Verwaltung sucht Auskunft für eine Dokumentation. . .  Es läge nichts vorhanden. Plötzlich  überlege ich und denke an Eistein´s Spruch: Es gibt keine Zufälle, nur  noch Kausalitäten.
Ich denke  darüber nach, kann in der Nacht nicht mehr richtig einschlafen. Gedanken kommen, Gedanken gehen. Mein Vater erzählte   damals und beschrieb  sehr gut das Haus : "Unweit und rechts auf der Littenstrasse lag das Amtsgericht an einer Ecke, links und über die Strasse schlengelte die Spree. Schräg gegenüber stand eine Kirche und ganz hinten  ragte die Turmuhr des Roten Rathauses auf. . .
Ich erinnerte plötzlich, ich hätte von dieser Turmuhr  schon als Kind vielmals geträumt.
Zum erstenmal war ich in Berlin 1972. Damals  mussten wir mit der S-Bahn von dem Zoologischen Garten bis Friedrichstrasse über Karl -Marx fahren. Dann kamen die Kontrolle: "Woher kommen Sie? Was wollen Sie in Ost-Berlin machen. Sie dürfen nur 24 Stdn. bleiben.  Sie müssen Geld wechseln und dürfen keine Schundliteratur wie z.B Spiegel oder Zeitungen  aus dem Westen mit tragen. . ."
Gegenüber  der Friedrichstrasse  und unweit von dem Intershop stand eine Touristeninformation: Eine Dame angezogen mit einer weissen Bluse und einen dunklen Rock lächelte mich höflich an: "Ja, bitte. . ." "Ich suche die Littenstrasse 2. . ." Sie zeigte mir  die gewünschte Strasse auf einem Stadtplan.  Was danach geschah war wie ein Wunder, ich ging begleitet von meinem treuen und loyalen Mann José, die Strassen lang als ob ich dort immer gewesen  wäre. Genetisches Gedächtnis? Zufall, Kausalitätt? Ich  rationalisiere nun nicht mehr, ich nehme die Sachen halt wie sie sind.
Die Erläuterungen meines Vaters klangen noch  in meinen Ohren. Amtsgericht, alte Kirche, Spreeufer. Plötzlich standen wir auf der Littenstrasse! es war ein Triumph für uns kommend aus Argentinien, die Strasse  gefunden zu haben und nach zo kurzer Zeit. Vor Nummer 2 haben wir gestanden. ich  berührte die Wände des Hauses, das grosse Tor und blieb  lange davor stehen, als ob  in einen Zeittunnel  rein schleichen wollte. Fotos  haben wir gemacht, haben heute einen Ehrenplatz in alten Familienalben. Als unser Sohn Eric geboren wurde,  waren  wir mit ihm auch  mehrmals  in der Littenstrasse. Ich habe ihm   stolz das Haus meines Vaters gezeigt. Pardon, das Haus, wo mein Vater bis 1935 gelebt hatte.
Im Oktober nächstes Jahres wird ein Stolperstein dort verlegt. Ein Stolperstein, der an die Familie Band erinnern sollte. Es ist  nur etwas Symbolisches, es ist die letzte Handlung, die ich für meine Familie machen kann. Ich bin nämlich die noch  lebendige Brücke zwischen der Vergangenheit und Gegenwart und beides bilden auch die Zukunft.