Samstag, 13. Dezember 2014

Marienschule Limburg

Praktizierte Zivilcourage: Gegen das Vergessen von Oskar und Emilie Schindler

 

Veröffentlicht am Freitag, 12. Dezember 2014 17:13
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„Wer ein Menschenleben rettet, der rettet die ganze Welt" – mit diesem Satz appellierte Prof. Erika Rosenberg-Band in der Limburger Marienschule für Zivilcourage, die sie am Beispiel von Oskar und Emilie Schindler vor rund 300 Oberstufenschülerinnen aufzeigte. Die Schindler-Biographin sprach über das Leben des jüdischen Unternehmerehepaars, das in der NS-Zeit rund 1.200 Juden das Leben gerettet hatte.

Nur wenige Menschen kennen ihn nicht: Den Spielberg-Film „Schindlers Liste", der die Rettung von 1.200 Juden in der Zeit des Nationalsozialismus thematisiert. Doch was für ein Mensch war Oskar Schindler wirklich? Und welche Rolle spielte seine Frau Emilie? Diese und weitere interessante Aspekte brachte Schindler-Biografin Professor Erika Rosenberg-Band den Oberstufenschülerinnen näher.
Erika Rosenberg-Band wurde als Kind ausgewanderter deutscher Juden in Argentinien geboren. Zufällig hörte sie von den Heldentaten von Oskar und Emilie Schindler. Nachdem ihr Interesse geweckt war, nahm sie schließlich Kontakt zu Emilie Schindler auf. Beide verband zuletzt eine jahrelange Freundschaft, sodass Erika Rosenberg Band sich heute als Sprachrohr der Geschichte von Emilie Schindler bezeichnet.

In ihrem fesselnden Vortrag, den die Fachschaft katholische Religion organisiert hatte, nannte die Referentin zunächst biografische Fakten und charakterisierte Oskar Schindler als einen „Carpe Diem – Menschen", der Sportautos, Frauen und Cognac liebte. Überraschend war für viele Zuhörer die Tatsache, dass Schindler als Sudetendeutscher Parteimitglied der NSDAP war und als Geheimdienstarbeiter unter Admiral Wilhelm Canaris beschäftigt war, bevor er eine stillstehende Emaillewarenfabrik übernahm und damit den Grundstein für die Rettung von 1.200 Juden legte.
Weiterhin kaufte Oskar Schindler eine Rüstungswarenfabrik, in welcher er tausende Juden beschäftigte, um eine Deportation aus dem Zwangsarbeitslager Plaszow in ein Vernichtungslager zu verhindern. Obwohl Oskar und Emilie Schindler sich selbst in Gefahr brachten, versorgten sie die unterernährten Arbeiter mit Nahrung und fälschten Berufs- und Geburtsangaben auf der bekannten Liste Schindlers, was die 1.200 Juden vor dem sicheren Tod bewahrte.


Besonders am Herzen lag Erika Rosenberg-Band, den Schülerinnen zu vermitteln, dass Emilie Schindlers Anteil an der Rettung der Juden genau so groß war, wie der Anteil ihres Ehemannes Oskar; beide kämpften Seite an Seite. Auch hatte es Emilie Schindler nicht immer leicht: Nach dem Krieg wanderten die Schindlers nach Argentinien aus, jedoch kehrte Oskar nach einigen Jahren nach Deutschland zurück. Emilie führte nun alleine einen Bauernhof, den sie aber aufgrund von hohen Schulden verkaufen musste. Nicht einmal als ihr Ehemann im Jahr 1974 in Hildesheim starb, wurde Emilie Schindler informiert. Nur zufällig erfuhr sie aus einer argentinischen Zeitung über Oskars Tod.
Auch die Filmgeschichte von „Schindlers Liste" wurde von Erika Rosenberg-Band erläutert. So erfuhren die Schülerinnen, dass schon in den Sechzigerjahren ein Filmprojekt über den außergewöhnlichen Einsatz der Schindlers geplant war, für welches Oskar Schindler eigenhändig ein 254 Seiten umfassendes Drehbuch fertigte. Die Rolle der Emilie Schindler wäre in diesem Film die Hauptrolle und mit Romy Schneider durchaus prominent besetzt gewesen.
Letztendlich wurde der dramatische Stoff erst von Steven Spielberg im Jahr 1993 verfilmt. Emilie Schindler wurde aus diesem Grund sogar nach Jerusalem eingeladen, erfuhr von Spielberg jedoch nur eine respektlose Behandlung. Lediglich einer der jüdischen Arbeiter, der von den Schindlers gerettet wurde, erkannte Emilie Schindler nach all den Jahren wieder und bedankte sich überschwänglich.

Oskar und Emilie Schindler wurden beide vor ihrem Tod mit dem Bundesverdienstkreuz für ihre außergewöhnliche Zivilcourage geehrt. Dass Zivilcourage auch heute noch ein aktuelles Thema ist, zeigte sich auch darin, dass der Vortrag von Professor Erika Rosenberg-Band bei den Schülerinnen, die im Nachhinein zahlreiche interessiert Fragen stellten, großen Anklang fand und ihnen für ihr weiteres Leben etwas Wichtiges mit auf den Weg gab. „Denn wer ein Menschenleben rettet", schloss die Biografin, „der rettet die ganze Welt".
(Luisa Reichwein/ Fd)