Freitag, 9. Dezember 2016

Was die Presse meint. Lo que la prensa opina

 

Erika Rosenberg, Zeitzeugin zweiter Generation, berichtet aus dem Leben der Familie Schindler

Erika Rosenberg machte eine emotionale und packende Zeitreise mit den Schülerinnen.	 Foto: hbz/Sämmer

Erika Rosenberg machte eine emotionale und packende Zeitreise mit den Schülerinnen. Foto: hbz/Sämmer

Von Andrea Lischtschuk

MAINZ - „Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt“, ein Zitat aus dem Talmud und aus Steven Spielbergs „Schindlers Liste“, das unter die Haut geht. Emilie und Oskar Schindler haben gemeinsam viele Leben gerettet. Was blieb dem Ehepaar am Ende?

Prof. Dr. Erika Rosenberg sprach als Zeitzeugin der zweiten Generation vom Leben unbesungener Helden in der 13. Klasse der Maria-Ward-Schule. Packend und emotional ermöglichte Rosenberg den Schülerinnen eine Zeitreise in das Leben der Schindlers, die sie aus erster Hand von ihrer Freundin Emilie Schindler erfahren hat. Rosenberg sieht es dabei als eine ihrer Lebensaufgaben, vor allem von Emilie zu erzählen – einer Frau, die in den Geschichtsbüchern oft nur im Schatten ihres Mannes steht. „Hinter einem starken Mann steht immer eine noch viel stärkere Frau“, begann Rosenberg ihre Erzählungen zu einem Ehepaar, das 1200 Menschenleben rettete. „Ich sage bewusst Menschen und nicht Juden, denn an erster Stelle sind wir alle Menschen.“ Es sei egal welcher Religion man angehöre oder welche Staatsangehörigkeit man habe.

Hochkonzentriert lauschten die Schülerinnen den Erzählungent, die sie so nicht in Geschichtsbüchern lesen können. Rosenbergs Interesse an den Schindlers war persönlich motiviert: Als eine Tochter geflüchteter Juden wuchs sie in Argentinien auf – eine Welt, in der der Holocaust verdrängt wurde. Schon im Kindesalter plagten sie Fragen, wieso sie keine Großeltern habe, eine Antwort erhielt sie von ihren Eltern nie. Als sie älter wurde, wollte Erika Rosenberg ein Buch über die Einwanderung nach Argentinien verfassen und lernte dabei zufällig Emilie Schindler kennen, die völlig von der Geschichte vergessen und verarmt 60 Kilometer südlich von Buenos Aires lebte, wo Rosenberg zuhause war. „Wie kann ein Mensch, der so Großartiges geleistet hat, so in Vergessenheit geraten? Wo ist die Dankbarkeit der Geretteten?“ – Eine Frage, die sich Erika Rosenberg bis heute nicht beantworten konnte. Verbunden fühlte die Wissenschaftlerin sich vor allem wegen der gemeinsamen Geschichte zu Emilie Schindler: „Sie hat verfolgte Juden gerettet und ich bin die Tochter verfolgter Juden“. Ja, auch Emilie Schindler hat Leben gerettet, nicht nur ihr Mann. „Emilie konnte nie wegsehen, wenn ihr Leid berichtet wurde“, so Rosenberg. Eine Tatsache, die oft verdrängt würde.

Faktencheck der Spielberg-Verfilmung

Ein Faktencheck von Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ blieb bei dem Vortrag nicht aus: So habe der Ring, den Oskar Schindler von den Juden erhält, nie existiert und das Geld für die Fabrik erhielt Oskar nicht von einem Juden, sondern von seinem Schwiegervater – so viel zur Recherche Spielbergs. Emilie Schindler war für den Filmemacher wohl unbedeutend.