Montag, 23. April 2018

Artikel in "Freie Presse" über den Vortrag in Lengenfeld. Article in a very important newspaper in Saxen. Muy interesante art. periodístico en Sajonia sobre conferencia.

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Prominenter Gast im "Lengenfelder Hof": Erika Rosenberg. 

Foto: silvia kölbel

Oskar Schindler half nicht allein

Viele kennen den Film "Schindlers Liste". Erika Rosenberg kennt die Geschichte hinter der Geschichte. Jetzt hat die Autorin in Lengenfeld darüber erzählt.

Von Silvia Kölbel
erschienen am 23.04.2018

Lengenfeld. Oskar Schindler war kein Jude. Diesen weit verbreiteten Irrtum räumte Erika Rosenberg in ihrem Vortrag über die Familie Schindler gleich am Anfang ihre Vortrages am Freitag in Lengenfeld aus und begründete: "Sonst wäre er selbst deportiert worden und hätte niemandem helfen können". Erika Rosenberg, die Journalistin, Buchautorin und Historikern aus Buenos Aires, ist gerade auf Vortragsreise in Europa unterwegs und machte am Freitag beim Lengenfelder Kulturbund im Konferenzsaal des Hotels "Lengenfelder Hof" Station. Der Kontakt kam über das Kulturbundmitglied Susanne Voigt zustande.
Nicht der durch den Film "Schindlers Liste" berühmte Oskar Schindler stand im Mittelpunkt des Vortrages, sondern dessen Frau Emilie Schindler, die ihrem Mann während der Judenrettung zur Seite stand. Der Einsatz der Ehefrau fand allerdings nie Anerkennung. Zeitzeugen von damals berichten aber immer von den Schindlers, wenn es um die Rettung von 1200 Juden vor den Todeslagern geht.
Erika Rosenberg lernte die damals 83-jährige Emilie Schindler 1990 kennen und hielt ihre Erinnerungen fest. "Das war vier Jahre vor ,Schindlers Liste'", sagte die Autorin. Sie nahm sich des Themas also an, lange bevor Spielbergs Film in aller Munde war. Die Journalistin lernte die Witwe als eine zurückgezogen lebende Frau kennen, die kaum Kontakt zur Außenwelt hatte.
Die in den Folgejahren entstandenen Aufzeichnungen und zahllose weitere Recherchen zu dem Thema fanden Niederschlag in mehreren Biografien über Emilie und Oskar Schindler. Der Fabrikant ist vor allem als Retter von jüdischen Arbeitern bekannt, weniger als Lebemann, Fremdgeher und Geldverschwender. Auch das war Oskar Schindler, wie seine Frau berichtete. Er brachte ihre Mitgift durch, kaufte sich davon ein teures Auto und hatte mehrfach Beziehungen zu anderen Frauen, und auch mindestens ein uneheliches Kind. Und er arbeitete für den Geheimdienst.
Er war aber auch erfolgreicher Geschäftsmann, obwohl er selbst nicht viel Lust zum Arbeiten hatte. Drei Firmen nannte er vor und während des Kriegs sein eigen. Darunter eine Fabrik für Emaille-Kochgeschirr in Polen und ein Unternehmen, das der Rüstungsindustrie zuzuordnen war. Während Emilie Schindler hochbetagt mit 92 Jahren 2001 starb, endete das Leben ihres Mannes viel früher - 1974, verschuldet, dem Alkohol verfallen, unter Depressionen leidend. Von seiner Frau lebte er getrennt, scheiden ließen sich die Beiden jedoch nicht.
Erika Rosenberg gehört einer jüdischen Familie an. Ihre Eltern flüchteten vor der Nazidiktatur erst in den Dschungel nach Paraguay und später nach Buenos Aires. Dort wurde Erika Rosenberg 1956 geboren. Sie wuchs zweisprachig auf und spricht neben ihre Muttersprache Deutsch noch fließend spanisch. Von ihren Eltern erfuhr sie nur wenig über die Geschichte der Familie. "Es war gerade so, also ob mein Vater diese Zeit ausgeblendet hätte. Er fühlte sich immer noch als Deutscher, redete jedoch nur über die Zeit vor 1933 und die Zeit nach 1945." Gerade dieser im Dunkel gebliebene Teil der Familiengeschichte weckte die Neugier der jungen Erika Rosenberg: "So wurde ich Historikerin."
Erika Rosenberg ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik. Sie arbeitete als Dozentin am Goethe-Institut in Buenos Aires. Sie schrieb Bücher über viele namhafte Persönlichkeiten, darunter auch über Papst Franziskus.